Die Karriere einer Kuh mal anders gedacht…

June 22, 2020

Die Grundlage für die Karriere einer Kuh beginnt immer mit einer Trächtigkeit. Von dieser hat sie im besten Fall mehrere und ist somit über Laktationen und Jahre hinweg eine Hochleistungssportlerin. Doch wie endet eine solche Karriere?

In der Regel endet die Karriere einer Kuh mit einem sofortigen Abgang. Meist bedingt durch Krankheitsprobleme, die Kondition und Wohlbefinden der Kuh verschlechtern. Aber es geht auch anders – durch eine gezielte ZU-Strategie!

Als Herdenziel wird viel über Lebensleistung und -effizienz diskutiert. Doch resultieren diese nicht vielmehr aus dem Ergebnis, wie die Kuh täglich betreut und ihre Karriere vorausschauend geplant wird? Die Kuh muss alle Entscheidungen, die wir treffen, tragen. Umso wichtiger ist es, diese mit Bedacht und einer fundierten Begründung zu treffen. Und zwar auch die über den Abgang einer Kuh.

In diesem Artikel widmen wir uns dem Thema, wann und wie wir die Karriere einer Kuh mit dem Status Zuchtuntauglich (ZU) beenden können. Unter anderem wollen wir auf die Fragen eingehen: Wie hoch kann der Anteil an ZU Kühen sein, zu welchem Zeitpunkt sollte eine Entscheidung fallen und welche Konsequenzen ergeben sich aus einer vorausschauenden Planung?

Um gleich ein Missverständnis vorweg zu klären: Der Status ZU bedeutet nicht automatisch, dass die Kuh sofort zum Schlachten geht! Genauso wenig bedeuten viele ZU Kühe automatisch eine hohe Remontierungsrate. Viel mehr ist es der Einfluss, wann die ZU-Entscheidung getroffen wird. Noch immer gilt die weit verbreitet Meinung, der Anteil der ZU-Tiere in der Herde müsse möglichst gering sein. Doch jeder Betrieb hat ZU Kühe – und zwar übers Jahr betrachtet in Höhe seiner Remontierungsrate. Der aktuelle Anteil gibt immer nur einen Hinweis darauf, ob die Entscheidung durch den Menschen (früh) oder durch die Kuh (erst bei der Schlachtung) getroffen wird.

Ziel für den Zeitpunkt sollte sein, etwa 50% aller ZU-Entscheidungen vor der ersten Besamung und >60% bis zum 100. Laktationstag zu treffen. In der Auswertung sehen Sie den Zeitpunkt der ZU-Entscheidungen nach Laktationstagen. Dieser 900-Kuhbetrieb trifft bei 52% der ZU-Tiere die Entscheidung vor dem 45. Laktationstag und damit vor Ablauf der freiwilligen Wartezeit. 66% der ZU-Entscheidungen werden vor dem 100. Laktationstag getroffen.

Die Kriterien für die ZU-Entscheidung können vielfältig sein und sollten betriebsindividuell angepasst werden. Zum einen kann die vorhergehende Laktation Probleme während oder nach der Abkalbung mit sich gebracht haben oder schlicht die niedrige Leistung in den ersten vier Wochen ist Kriterium für die ZU-Entscheidung. Die verbleibenden 40 % der Entscheidungen bleiben somit für Kühe, die während der Laktation weitere ZU-Kriterien erfüllen. Dazu zählen z.B. häufige Mastitis, hohe Zellzahlen oder schlechte Fruchtbarkeit.

Ausgehend davon, dass durchschnittlich 50 % der Herde tragend sein sollen und wir keine tragende Kuh auf den Status ZU setzen können, ergibt sich ein Orientierungswert für den Anteil, der in etwa 50% der Remontierungsrate ausmacht. Liegt diese beispielsweise bei 34 %, wäre ein aktueller ZU Anteil von 17 % ein grobes Ziel.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus einer gezielten ZU-Strategie? Einfach gesagt, bedeutet der Status ZU, ich möchte nicht, dass diese Kuh eine weitere Laktation macht, sie soll die aktuelle nur gut und gesund zu Ende bringen.

Zum einen, um Risiken für das Tier und somit Verluste für den Betrieb zu vermeiden. Zum anderen zeigen Auswertungen, dass die Altkuherlöse durch ein striktes ZU-Management stark positiv beeinflusst werden. Nicht selten können ZU-Tiere noch 1, 2, oder sogar 3 Jahre melken bis sie unprofitabel werden. Wir entscheiden uns also dafür, nur die Kühe zu besamen und damit eine Chance auf eine Trächtigkeit zu geben, denen wir es auch zutrauen. Der Arbeitsaufwand und Kosten für Besamungen (Sperma, Hormone) werden reduziert. Außerdem kommen nur Tiere zur Abkalbung, die im Anschluss gut in die Laktation starten können. Transitprobleme und die damit verbundenen Abgänge vor dem 60. Laktationstag reduzieren sich.

Ein weitaus wichtigerer Punkt ist der negative Einfluss von frühen Abgänge auf die Altkuherlöse. Auf unseren über 170 Benchmarkbetrieben mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 650 Kühen liegt der ZU-Anteil im Schnitt bei 5%, maximal bei 15%. Auswertungen unserer betriebswirtschaftlichen Beratung haben ergeben, dass es eine hohe Korrelation zwischen dem ZU-Management und den Schlachterlösen gibt. Die Differenz zwischen den schlechtesten und besten Betrieben liegt bei bis zu 500 € (netto) pro Altkuh. Zu beachten ist hierbei, dass die Altkuherlöse den Durchschnittswert auf den Betrieben darstellen und keine Einzeltierbetrachtung sind!

Für unseren Beispielbetrieb mit 900 Kühen würde eine Verbesserung vom Durchschnitt zum Maximum (350€) bei einer Remontierung von 34% einen Gewinnunterschied von über 100.000€ im Jahr bedeuten:,

MinimumDurchschnittMaximum
Altkuherlöse400€550€900€
Erlös Beispielbetrieb (900 Kühe, 34% Remontierung)122.400€168.300€275.400€
Differenz zum Durchschnitt für Beispielbetrieb- 45.900€-+ 107.100€

Neben den betriebswirtschaftlichen Gründen, gibt es auch den Aspekt aus Sicht der Tiere und Gesellschaft zu handeln. Eine Kuh sollte nur in Ausnahmefällen tragend zum Schlachter gehen. Selbst eine Kuh im frühen Trächtigkeitsstadium oder gerade besamt, die geschlachtet wird, ist ein Hinweis darauf, dass ihre Karriere nicht vorrausschauend geplant worden ist. Als Orientierung sollten mehr als 90 % aller Tiere, die zum Schlachter gehen den ZU Status seit mehreren Wochen oder Monaten haben.

Ein gezieltes ZU-Management bringt neben den monetären Vorteilen durch höhere Schlachtkuherlöse auch ein verbessertes Tierwohl. Denn die Tiere, deren physiologische Leistungsbereitschaft nicht ausreicht, wird keine weitere Kalbung und Laktation zugemutet. Sie können ihre gesamte Energie in die aktuelle Laktation stecken und gesund bei guter Kondition bis zum Abgang in der Herde bleiben.

Sie wollen das ZU-Management auf Ihrem Betrieb anpassen? Dann sprechen Sie gerne Ihren zuständigen Außendienstmitarbeiter an!

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